2010 KantonaleSteuern 273
I. Kantonale Steuern
A. Steuergesetz (StG) vom 15. Dezember 1998
52 Einkommensgeneralklausel; Erträge aus Photovoltaik-Anlage (§ 25 Abs. 1 StG). Erträge aus einer Photovoltaik-Anlage sind steuerbares Einkommen.
Aus dem Entscheid des Steuerrekursgerichtes vom 25. März 2010 in Sachen H. + K.G. (3-RV.2007.217)
Aus den Erwägungen
3.
3.1.
Die Rekurrenten sind Besitzer einer Photovoltaikanlage. Den
mit dieser Anlage erzeugten Strom verbrauchen sie zum Teil selber.
Der nicht selbst verbrauchte Teil des produzierten Stromes, das heisst
der Produktionsüberschuss, wird in das Netz der AEW Energie AG
(im Folgenden: AEW) eingespiesen. Dafür erhalten die Rekurrenten
von der AEW eine Entschädigung, die sich im Jahr 2005 auf
CHF 489.35 belief.
3.2.
Die Steuerkommission A. erfasste die Entschädigung der AEW
als "übrige Einkünfte" mit der Einkommenssteuer. Zur Begründung
wurde auf eine Stellungnahme der EStV vom 12. Oktober 2006 ver-
wiesen. Darin wird folgendes ausgeführt:
"Was die Vergütungen der AEW an die Besitzer der Photovoltaikanlagen für den überschüssigen, ins übrige Netz abgelieferten Strom betrifft, sind wir der Auffassung, dass hier wiederkehrende Einkünfte nach Art. 16 Abs. 1 DBG vorliegen. Die Medienmitteilung der AEW vom 11. November 2003 spricht davon, dass diese Vergütungen 'eine Voraussetzung für eine sinnvolle Amortisationszeit' seien. Es geht also um die längerfristige Bildung von Rücklagen für den künftigen Ersatz der Photovoltaikanlage. Des-
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wegen sind wir der Ansicht, dass die Einnahmen nicht direkt mit den laufenden Unterhaltskosten für die Photovoltaikanlage verrechnet werden kön- nen. Das Nettoprinzip ist also nicht anwendbar." 3.3.
Das KStA verwies in seiner Vernehmlassung ebenfalls auf das
Schreiben der EStV vom 12. Oktober 2006.
Das Steuerrekursgericht wies das Kantonale Steueramt darauf
hin, dass aus dem Schreiben der EStV vom 12. Oktober 2006 nicht
hervorgehe, weshalb die Vergütungen der AEW unter § 25 StG bzw.
Art. 16 DBG fallen sollen. Es werde viel mehr ohne eine Begrün-
dung festgestellt, dass dies die Auffassung der EStV sei. Das KStA
wurde aufgefordert, die seiner Ansicht nach korrekte steuerliche
Qualifikation der Vergütungen der AEW darzulegen und zu begrün-
den.
In der Ergänzung zur Vernehmlassung hielt das KStA folgendes
fest:
"Die Begründung der ESTV, warum im vorliegenden Fall Einkünfte gemäss § 25 StG bzw. Art. 16 DBG vorliegen sollen, ist in der Tat nicht besonders ausführlich. Die Auffassung, wonach es sich im vorliegenden Fall um Einkommen aus selbständiger Erwerbstätigkeit gemäss § 27 StG handelt, ist unseres Erachtens aber abzulehnen. Geht man vom Begriff der selbständigen Erwerbstätigkeit aus, so sind die einzelnen Kriterien (...) zu prüfen. Auch wenn der Begriff der selbständigen Erwerbstätigkeit umfassender sein mag als jener des Unternehmens, des Geschäfts, Betriebes Gewerbes (...), so erscheint im vorliegenden Fall die Qualifikation als selbständige Erwerbstätigkeit als fragwürdig, weil zentrale Elemente der selbständigen Erwerbstätigkeit fehlen. Da nur der überschüssige Strom ins Netz abgeliefert wird, kann beispielsweise nicht ernsthaft von einer Gewinnerzielungsabsicht gesprochen werden. (...) Naheliegender ist es, die Vergütungen der AEW als Einkommen im Sinne der Generalklausel gemäss § 25 StG bzw. Art. 16 DBG zu qualifizieren, vergleichbar mit Einkünften aus Liebhaberei gelegentlichen nebenberuflichen Einkünften. Der Umstand, dass es sich dabei nicht um eine selbständige Erwerbstätigkeit handelt, schliesst die Steuerbarkeit der Einkünfte indes nicht aus (...). Es handelt sich dabei eben um einmalige oder
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wiederkehrende Einkünfte im Sinne der Generalklausel, welche steuerbares Einkommen darstellen. (...)" 4.
4.1.
Der Einkommenssteuer unterliegen alle wiederkehrenden und
einmaligen Einkünfte (§ 25 Abs. 1 StG). Nach dem solchermassen
formulierten Grundsatz der Gesamtreineinkommenssteuer fallen alle
Einkünfte, ob wiederkehrend einmalig, ob in der Form von Geld
oder Naturalien, unter den Einkommensbegriff und unterliegen damit
der Einkommenssteuer (VGE vom 4. November 2009 in Sachen W.
+ M.J. [WBE. 2009.18]; Kommentar zum Aargauer Steuergesetz,
3. Auflage, Muri-Bern 2009, § 25 StG N 7). Das Verwaltungsgericht
hat dazu weiter im VGE vom 4. November 2009 in Sachen W. + M.J.
[WBE. 2009.18] ausgeführt (Zitate weggelassen):
"2.1. (...) Die Einkommensgeneralklausel von § 25 Abs. 1 StG 'überdacht' gewissermassen (ebenso wie jene von Art. 16 Abs. 1 DBG) die beispielhaften Aufzählungen in den § 26 bis 32 StG und ergänzt diese. Fällt eine Einkunft nicht unter eine der genannten Bestimmungen, so ist sie daher grundsätzlich unter die Generalklausel zu subsumieren und dementsprechend steuerbar. 2.2. Gemäss § 33 lit. a k StG sind bestimmte, abschliessend aufgezählte Einkünfte (dass die Aufzählung abschliessend sein muss, ergibt sich aus Art. 7 Abs. 4 StHG) nicht der Einkommenssteuer unterworfen. 3. 3.1. In der Rechtsanwendung führt das Zusammenspiel von § 25 Abs. 1 und § 33 lit. a k StG bei nicht unter §§ 26 - 32 DBG [recte: StG] subsumierbaren Einkünften dazu, dass zunächst weiter zu prüfen ist, ob sie gegebenenfalls unter eine der gemäss § 33 lit. a k StG steuerfreien Einkünfte fallen. Muss das verneint werden, kommt die Einkommensgeneralklausel zum Zug und die infrage stehende Einkunft ist der Besteuerung zu unterwerfen."
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4.2.
Es ist unbestritten, dass den Rekurrenten von der AEW
CHF 489.35 als Entgelt für den Verkauf von mit der hauseigenen
Photovoltaikanlage produziertem Strom (Überschuss nach Eigenver-
brauch) entrichtet worden sind. Es ist somit nachfolgend zu prüfen,
ob eine der Ausnahmen gemäss § 33 lit. a k StG vorliegt. Nur wenn
das der Fall ist, entfällt die Einkommensbesteuerung.
4.3.
4.3.1.
Es ist offensichtlich, dass keine der Ausnahmen gemäss § 33
lit. a h und lit. k StG in Frage kommen kann. Es liesse sich einzig
fragen, ob der erzielte Ertrag aus Stromverkauf als Kapitalgewinn
aus der Veräusserung von beweglichem Privatvermögen gemäss § 33
lit. i StG zu qualifizieren ist.
4.3.2.
Die Erzielung eines Kapitalgewinnes setzt voraus, dass ein bis
zur Veräusserung unbeachtlicher Mehrwert eines Vermögenswertes
realisiert wird. Mithin fliesst ein Entgelt zu, das seiner Form und
seinem wirtschaftlichen Gehalt nach ein anderes Vermögensrecht
verkörpert. Eine Veräusserung stellt dabei jede Form eines entgeltli-
chen Ausscheidungsvorganges dar, bei welchem die Substanz (eines
Vermögenswertes) ganz teilweise aus der Vermögenssphäre der
Steuerpflichtigen verschwindet. Es stellt daher auch das Entgelt für
die Minderung für den Verschleiss der Substanz einen Ausschei-
dungsvorgang und somit Veräusserungserlös und nicht Vermögenser-
trag dar (Kommentar zum Aargauer Steuergesetz, a.a.O., § 30 StG
N 15).
4.3.3.
Die Entschädigung der AEW für den nicht selbst verwendeten
Solarstrom erfüllt die genannten Anforderungen für einen auf Privat-
vermögen - davon ist aufgrund des gewährten Abzuges der Investi-
tion als Liegenschaftsunterhaltskosten und des steuerfreien Eigen-
verbrauchs auszugehen steuerfreien Kapitalgewinn nicht. Die Ent-
schädigung fällt somit als steuerbares Einkommen unter die General-
klausel.
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4.4.
Soll nicht auf die Generalklausel zurückgegriffen werden, ist
die Entschädigung am ehesten als Ertrag aus unbeweglichem Vermö-
gen im Sinne von § 30 Abs. 1 lit. a StG (Ertrag aus sonstiger Nut-
zung) mit der Einkommenssteuer zu erfassen, was jedoch vorliegend
offen gelassen werden kann.
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